2012-12-15

1000 Worte Hessisch

Tausend Worte Hessisch - aus dem Schwabenland


1000 Worte Englisch
Annonce mit Druckfehler: 10.000 Worte Hessisch

Wolf Schmidt hatte seit 1946 eine Reihe von Sketchen entwickelt, die er mit einigem Erfolg im Tournee-Kabarett "Die Zeitgenossen" als Monologe oder mit seiner Partnerin Gretl Pilz aufführte.

Einige davon kamen besonders gut in hessischer Mundart an. Schmidt hatte die Idee, diese Stoffe unter einem treffenden Oberbegriff zu sammeln.

In Deutschland waren damals immer noch die bereits seit den 1930er Jahren bekannten Sprachschnellkurse "1000 Worte ..." populär. In einem Schuber verpackt, bekam man den Grundwortschatz bzw. die Standardphrasen einer Fremdsprache zum "schnellen" Lernen aufbereitet in Kapitelhefte, beispielsweise Englisch oder Französisch.

Schmidt parodierte diesen Titel nun als "1000 Worte Hessisch" und wollte sie als Hörspiele ins Radio bringen. Und was wäre dazu naheliegender als Radio Frankfurt?

An seinem Vorschlag war aber der hessische Sender in Frankfurt zunächst nicht sonderlich interessiert. 1948/49 war man dort mit Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampff unterhaltungsmäßig bereits so gut aufgestellt, dass man keinen Bedarf für Schmidts Stoffe sah.

In Stuttgart war die Lage anders. Der Spielleiter des Senders, Franz Ulrich Gass, sah ein Potential in dem hessischen Kabarettisten und engagierte Schmidt.

Man darf darüber spekulieren, warum die Sketche nicht ins Schwäbische übertragen wurden. Denkbar wäre, dass der hessische Dialekt des mürrischen, skurrilen Protagonisten im benachbarten Schwabenland eine gewisse, aus Lokalpatriotismus geborene Genugtuung hervorrufen sollte. Wahrscheinlicher ist, dass Wolf Schmidt selbst sprechen wollte, nicht nur, weil dies für ihn lukrativer war, sondern weil er die Sketche wirklich gut spielen konnte.

So entstanden in Stuttgart, im "Schwabenland", die ersten Folgen der "Tausend Worte Hessisch". Später wurden dann noch viele weitere "Worte" in Frankfurt produziert. Es war also ganz ähnlich, wie bei den Hesselbachs: Deren Vorläufer stammen auch aus Stuttgart - Die Staudenmaiers.


Die schwäbischen "1000 Worte Hessisch"...

... verzeichnet im Landesarchiv Baden-Württemberg

Das Inserat

Ein Mann sucht eine Frau und will deshalb bei einer Zeitung ein Inserat aufgeben. Er ist aber mit den üblichen Formulierungen nicht einverstanden, auch das Inserat ist ihm zu teuer. Außerdem ist er bereits verheiratet und wollte nur sehen, ob er sich "verbessern" könnte.

Die Beratung

Eine Ausländerin sucht eine Beratungsstelle auf, weil sie von ihrem Mann verlassen wurde, er sei grob zu ihr und hätte sie mit Schimpfwörtern beschimpft. Der Berater klärt sie auf, daß diese Schimpfwörter als Liebeserklärung aufzufassen sind. Die Hessen sind eben so, rauhe Schale und harter Kern.

Die Kondolation

Der Onkel von Karl ist gestorben. Der Freund erwartet, daß Karl, der ja nun geerbt hat, ihm die geliehenen hundert Mark zurückgibt. Aber der Onkel hat das ganze Vermögen "versoffen".

Der Flirt

Schorsch ist besorgt, weil seine Ehefrau am Abend nicht nach Hause kommt. Er hat die schlimmsten Vorstellungen, was passiert sein könnte. Da bekommt er einen Anruf von einer fremden Frau und flirtet mit ihr. Sie ist aber die Freundin der Ehefrau und wurde von ihr zu diesem Anruf angestiftet. Er ist sehr entrüstet, daß ihn seine Frau so aufs Glatteis geführt hat, seine Frau, um die er den ganzen Abend so gezittert hat.

Nicht sentimental werden

Ein Ehemann bekommt einen Brief seiner Jugendliebe Hedwig und wird melancholisch, als er sich an die gute alte Zeit erinnert. Als er jedoch merkt, daß sie ihn um einen Gefallen bittet, schickt er den Brief lieber "unbekannt" zurück.

Der Querulant (Hörprobe)

Der SWR hat eine digital aufbereitete Fassung einiger Original-1000 Worte Hessisch produziert. Eine Hörprobe finden Sie oben. Der SWR hat diese und andere Episoden nun zum Herunterladen bereitgestellt:

Downloadportal

Der Querulant

Ein unfreundlicher, egoistischer Fahrgast will im Zug ein Abteil für sich. Als eine Frau mit ihrem Hund Emil trotzdem zusteigt, fängt der Fahrgast (der auch Emil heißt) Streit mit ihr an. Ein neuer Fahrgast steigt ein, wird ebenfalls beschimpft und beginnt daraufhin mit dem Hund Emil so zu reden, daß sich der Mensch Emil beleidigt fühlt. Am Ende spielen die beiden anderen Fahrgäste dem Querulanten Emil einen Streich.

Ordnung muß sein

Ein Mann wird beim Kartoffelholen im Keller eingeschlossen. Eine Hausbewohnerin befreit ihn, doch er behauptet, daß sie ihn eingesperrt habe. Es stellt sich heraus, daß er selbst (in Gedanken vertieft) den Schlüssel herumgedreht hat. Um sich bei der Frau nicht bedanken zu müssen, läßt er sich noch einmal einsperren: Als er von innen aufschließen will, bricht ihm der Schlüsselbart ab - jetzt ist er wirklich gefangen.

Der Beschützer

Ein Mann begleitet eine Frau durch den Park im Dunkeln nach Hause. Er prahlt mit seinem Mut, hat aber Angst und hält einen Ast für einen Mann. Er flirtet mit ihr, damit er den Rückweg erst im Morgengrauen antreten muß. Sie hat jedoch das Interesse verloren und läßt ihn vor der Türe stehen. Er muß den gefährlichen Weg unbeschützt und bei Nacht zurückgehen.

Gesamtliste

Alle "1000 Worte Hessisch", in der Reihenfolge, wie sie von Wolf Schmidt in seine Werkliste eingetragen wurden.
  1. Das ewig Männliche (Monolog)
  2. Der Querulant (SZ), Beschreibung
  3. Der Beschützer (Duo)
  4. Ordnung muss sein (Duo)
  5. Das Testament (Monolog)
  6. Nicht sentimental werden
  7. Beim Zahnarzt
  8. Wieso überhaupt
  9. Der Hundebiss
  10. Rotkäppchen
  11. die Kondolation
  12. Das Inserat
  13. Die Beratung
  14. Briefkasten
  15. Der Flirt
  16. Bayern, auf nach Hessen!
  17. Der Kriminalfilm
  18. Der Sänger
  19. Die Rede
  20. Briefkasten II
  21. Der Damenringkampf
  22. Die Flucht
  23. Der Schuhkauf
  24. Der Fensterplatz
  25. Briefkasten III
  26. Der Koffertrick
  27. Der Retter
  28. Kollegen
  29. Der Benediktiner
  30. Der Wecker
  31. Der Lift
  32. Die Beleidigung
  33. Der Mantel
  34. Anschluss
  35. Die Dame im Café
  36. Das Los
  37. Der Zeuge
  38. Der Hochzeitstag
  39. Der Minister
  40. Krankenbesuch
  41. Der Bruch
  42. Die Beschwerde
  43. Unfallverhütung
  44. Mei Frau is eweg
  45. Der Pickel
  46. Der Amateurfotograf
  47. Die Reise
  48. Der Protest
  49. Die Schachpartie
  50. Prominenter Besuch
  51. Elektrizität
  52. Hab' ich auch abgeschlossen
  53. Die Verleumdung
  54. Die Scheidung
  55. Der Verdacht (Gespräch aus Paris)
  56. Der Äppelwein
  57. Die Torte
  58. Das Eheversprechen
  59. Berufsberatung (Duo)
  60. Die brasilianische Gesandtschaft
  61. Die neue Brille (Monolog)
  62. Die neue Krankheit (Duo)
  63. Ich komme zu nichts (Monolog)
  64. Der Laubfrosch (Duo)
  65. Der anonyme Brief
  66. Der Schlüssel
  67. Die Aktenmappe
  68. Die Hessen
  69. Kleine hessische Sprachlehre (Conférence)
  70. Ujuijui (Conférence)
  71. Geschwätz (Monolog)



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